Die gar nicht so gute Nachricht: Sparquote durch Corona auf Rekordkurs

Hohe durchschnittliche Sparquoten dienen oft als Indikator für gute Einkommensentwicklung und gewissen Wohlstand. Plötzlich nach Beginn der Corona-Krise und wirtschaftlichen Hiobsbotschaften am Fließband deuten Umfragen und Untersuchungen an, dass die Sparquote jetzt sogar Rekordwerte aus den frühen Neunzigerjahren knacken könnte. Dabei hat aber niemand wirklich Grund zum Feiern, denn hier drückt sich nur die aktuelle finanzielle und wirtschaftliche Problematik aus.

07.05.2020
  • Lesezeit ca. 4 Minuten
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    07.05.2020
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Bargeld
© Capri23auto/pixabay.com

Die Digital-Banker von N26 haben ihre Kunden befragt und die Volkswirte der DZ Bank haben gleich eine komplette Studie erarbeitet – die Ergebnisse: Mit der Corona-Pandemie wird so viel gespart wie lange nicht. In einer Krise ist das nicht ungewöhnlich. Hält der Trend aber an, legen die Deutschen 2020 genauso viel oder mehr auf die hohe Kante wie in den letzten knapp 30 Jahren nicht mehr. Doch bei genauer Betrachtung müssten viele Menschen aktuell sogar noch mehr sparen können.

Sparen durch Corona

In den ersten März-Wochen begann der große Corona-Lockdown. Schnell war außer Lebensmitteleinkäufen im Supermarkt oder dem Auftanken des Wagens praktisch kein Konsum mehr möglich. Familienausflug oder Urlaub zu Ostern? Alles geschlossen oder gesperrt. Kino? Genauso unmöglich wie ein Besuch von Bars, Cafés oder Restaurants. Wer nur einmal mit der Familie oder zu zweit solche Besuche, Ausflüge oder Urlaub gemacht hat, weiß in etwa, wie viel das alles kostet – oder wie viel Geld in der Tasche bleibt, wenn ein geplantes Freizeitvergnügen plötzlich ausfällt. Schon ein Kino- oder Restaurantbesuch mit zwei Personen macht da leicht einen Unterschied von 50 Euro weniger oder mehr aus.

Bei diesen Überlegungen wird schnell klar, woher das Geld kommt, was sich gerade vermehrt auf Konten ansammelt. Im Gegensatz zu der Zeit vor Corona konnte es schlicht nicht ausgegeben werden. Nun gehen die Volkswirte der DZ-Bank davon aus, dass eventuell statt knapp elf Prozent 2019 in diesem Jahr bis zu eineinhalb Prozent mehr durchschnittlich vom Nettoeinkommen gespart wird. Konkret heißt das: Von einem 2000-Euro-Nettoeinkommen wurden im vergangenen Jahr etwa 220 Euro zurückgelegt. Jetzt sollen es rund 250 Euro werden.

Die Aussagekraft der durchschnittlichen Sparquote

Für sich genommen fällt diese Steigerung der Sparquote beachtlich aus. Im Corona-Kontext macht sie allerdings gerade einmal den Gegenwert eines kleineren Restaurantbesuchs aus, der nun ausfallen musste. Was ist mit dem weiteren Geld passiert, das nicht ausgegeben werden konnte? Unter der einfachen Annahme, dass frühere Einkäufe in Geschäften in vergleichbarer Höhe jetzt im Onlineshopping getätigt wurden, konnten private Haushalte in den ersten Corona-Wochen zusätzlich sogar noch mehr sparen. Benzin, Gas, Heizöl – alles wurde zum Teil deutlich günstiger in der letzten Zeit. Einzig beim Strom und bei einigen Lebensmitteln gingen die Preise in den vergangenen Wochen nach oben.

Am Ende bleibt damit nur der Schluss, dass auch die gut verdienende und ebenso gut situierte Mittelschicht in Deutschland längst nicht mehr so viel Geld zur Verfügung hat wie vor der Corona-Krise. Was dieser Teil der Bevölkerung spart, prägt die Prozentzahlen der durchschnittlichen Sparquoten wesentlich. Hier liegt seit Langem ein Kritikpunkt an dieser volkswirtschaftlichen Kennzahl. Nach dem Konsum hängen auch die Sparmöglichkeiten von Einkommen und Erwerbsstatus oder Alter ab. Geringverdiener schaffen es kaum, die laufenden Kosten zu bestreiten. Von größerem Konsum oder gar einer zweistelligen Sparquote können Sie bestenfalls träumen. Mehrere Millionen Menschen oder Haushalte bildet die Kennziffer damit überhaupt nicht ab.

In diesem Teil der Bevölkerung erreichen finanzielle Einbußen durch Arbeitsplatzverlust oder Kurzarbeit schnell existenzbedrohende Dimensionen. Doch auch zur finanziellen Situation der kennzahlbildenden Mittelschicht kommen immer mehr beunruhigende Nachrichten. So meldete beispielsweise die Deutsche Bank vor wenigen Tagen, dass schon fast 50.000 Kunden um Stundung ihrer Darlehen gebeten haben. Rund die Hälfte davon sollen Baufinanzierungen sein, der Rest Ratenkredite. Alle diese Kunden zählen sicherlich nicht zu den Geringverdienern, sondern sind der Mittelschicht zuzurechnen. Bei Sparkassen und anderen Banken sollen sich laut Berichten die Stundungsanfragen ähnlich häufen.

Die finanzielle Zukunft mit oder nach Corona

Zunächst bedeutet eine Stundung der Kreditraten nicht mehr als eine Verlängerung der Kreditlaufzeit. Kaum jemand dürfte so kaltschnäuzig sein, um die Corona-Pandemie für ein paar Monate mit mehr Liquidität auszunutzen. Die überwiegende Mehrzahl der hier genannten Bankkunden hat sicherlich mit echten finanziellen Nöten zu kämpfen. Aktuell sind Banken und Sparkassen gehalten, solche Stundungen für mindestens drei Monate zu gewähren. Aber wie geht es im Sommer weiter? Die Politik kann die Kreditinstitute nicht ewig zu Stundungen drängen, und genauso wenig können die Banken noch monatelang freiwillig Stundung gewähren. Jeder Kreditnehmer sieht sich eher früher als später wieder mit seinen Zahlungsverpflichtungen konfrontiert. Es ist allen Betroffenen zu wünschen, dass sie dann wieder mit hundertprozentigem Einkommen in Lohn und Brot stehen, weil die Arbeitgeber die Krise meistern konnten, oder sie anderswo Arbeit gefunden haben.

Zahlungsausfälle oder die Bitten um Stundung häufen sich genauso im Mietbereich. Die Berliner Berater von rueckerconsult erfuhren in einer Umfrage für das Hauptstadtgebiet von mehr als 60 Prozent aktuellen Mietausfällen bei Gewerbeflächen und etwa 30 Prozent Stundungen für Wohnungsmieten. Einige Vermieter zeigen sich jetzt sogar zu begrenztem Mietenverzicht bereit, andere hoffen dagegen auf schnelle Nachzahlungen, da ansonsten ihre eigene Existenz gefährdet wird. Auch hier besteht allgemein noch ein Konsens, die Krise gemeinsam zu meistern. Aber wie lange hält dieser Konsens, wenn Mieten auch länger nicht gezahlt werden können?

Sparen lohnt sich immer

Kredite und Mieten sind nur zwei Beispiele, die deutlich machen, wie das komplette gesellschaftliche und wirtschaftliche System bis in einst sichere Bevölkerungsschichten bedingt durch das neue Coronavirus gerade auf Messers Schneide steht. Es kann sich langsam erholen, aber mit einem Domino-Effekt auch schnell zusammenbrechen. Allein Lockerungen und die scheinbare Rückkehr zur Normalität sind keine Garantien für einen positiven Ausgang. Jeder muss diese Entwicklung mittragen. Eine große Mehrheit muss sie überhaupt mittragen können. Dabei hilft ein gewisser finanzieller Spielraum. Für den sollte jeder jetzt vorsorgen, wo er kann. Vorsorge heißt hier: sparen. Tagesgelder und Festgelder versprechen dabei kaum oder gar keinen Ertrag. Sie erlauben aber schon das Sparen von kleineren Beträgen und bieten in einer unsicheren Zeit am Ende einen wichtigen Vorteil: Liquidität und damit finanzielle Freiheit, bis wieder bessere und vor allem sicherere Zeiten kommen.

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