Die neue Grundsteuer und der aktuelle Stand 2021

Im Frühjahr 2018 sorgte das Bundesverfassungsgericht für einen Paukenschlag: Die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form ist seit vielen Jahren verfassungswidrig, urteilten die Richter. Gleichzeitig gaben sie der Politik auf, bis Ende 2019 eine neue, gerechtere Berechnung der Steuer zu finden und zu beschließen. Spätestens ab dem Jahresende 2024 soll die dann von jedem Finanzamt erhoben werden. Wie ist der aktuelle Stand?

03.02.2021
  • Lesezeit ca. 4 Minuten
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    03.02.2021
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Älterer Herr macht sich Notizen am Laptop.
© Prostock/www.shutterstock.com

Die Grundsteuer zählt zu den Objekt-, Real- oder Sachsteuern und besteuert Immobilienbesitz oder auch Erbbaurechte an Grundstücken und Gebäuden. Kaum eine andere Steuer ist so alt wie die Grundsteuer. Ihre Wurzeln reichen Jahrhunderte zurück bis zum Zehnt oder Zehnter, der einst Kirche oder weltlichen Herrschern für ein Stück Land gezahlt werden musste. In der Geschichte findet sich auch der Grund, warum nun eine neue Grundsteuer kommen muss.

Darum ist die alte Grundsteuer verfassungswidrig

In Deutschland kennt man zwei Grundsteuern: die Grundsteuer A in der Landwirtschaft und die Grundsteuer B für bauliche Grundstücke. Diese zweite Grundsteuer wurde nun zum Problemfall, weil ihre wesentliche Bemessungs- oder Berechnungsgrundlage – der sogenannte Einheitswert – 50 Jahre und noch älter ist. Wie der Name schon aussagt, sollte mit diesem Wert einst eine landesweit einheitliche Basis für die Besteuerung geschaffen werden. Das geschah erstmals im Jahr 1935. Kurz darauf folgte der Weltkrieg und so blieb es lange bei diesem frühen Wertansatz. Im Westen Deutschlands wurde er 1964 noch einmal angepasst, im Ostteil nie.

Auf Basis dieses Wertes multiplizierte man dann mit Steuermesszahlen und versuchte durch angepasste, ortsindividuelle Hebesätze die jeweilige Wertentwicklung der Immobilien zu erfassen, um trotz der uralten Grundlage zu einer angemessenen Besteuerung zu kommen. Jede Kommune – die Empfänger der Grundsteuern – konnte dabei ihre eigenen Hebesätze festlegen. Ein Vergleich solcher Hebesätze zeigt schon auf den ersten Blick erhebliche Unterschiede von teilweise einigen Hundert Prozent in benachbarten Regionen wie diesen:

  • Nauheim im hessischen Landkreis Groß-Gerau hatte 2015 einen Hebesatz von 960 Prozent.
  • Im nahen Eschborn im Main-Taunus-Kreis galten dagegen nur 140 Prozent Hebesatz.

Es wuchsen schon länger die Zweifel, ob so noch eine gerechte Besteuerung der überall unterschiedlichen Immobilienwertentwicklung möglich ist. Da der Gesetzgeber nach 1964 und insbesondere nach der Deutschen Einheit eine neue Hauptfeststellung der Einheitswerte scheute, schritt das Bundesverfassungsgericht nach einigem Vorlauf dann 2018 endgültig ein und verlangte eine gerecht gestaltete Steuer durch eine komplette Grundsteuerreform.

Weil es hier immerhin um rund 35 Millionen Grundstücke und ihre Bebauung geht, oder auch überall statistische Miethöhen ermittelt werden müssen, gab das Gericht dem Gesetzgeber dafür großzügig Zeit bis zum 31. Dezember 2024 mit auf den Weg.

So wird die neue Grundsteuer berechnet: eine Bundesidee und mehrere Landesmodelle

Noch bis Ende 2024 gilt die alte Grundsteuerberechnung:

Einheitswert x (Grundsteuermesszahl/1000) = Grundmessbetrag

und

Grundmessbetrag x (Hebesatz/100) = Grundsteuer p.a. in Euro

Das vom Bund vorgeschlagene, für die Länder freiwillige Modell bringt es auf diese Formel:

aktueller Immobilienwert x Steuermesszahl x Hebesatz

An der Berechnung des aktuellen Immobilienwertes für jedes einzelne Objekt wird jetzt sukzessive gearbeitet. Hierbei sollen diese Punkte einfließen und marktnahe Werte bilden:

  • Bodenrichtwert
  • Gebäudealter
  • Gebäudefläche
  • Grundstücksfläche
  • Immobilienart
  • Nettokaltmiete

Das Bundesmodell für die Grundsteuer ist ein Vorschlag, den mit

  • Berlin
  • Bremen
  • Rheinland-Pfalz
  • Saarland
  • Schleswig-Holstein und
  • Thüringen

rund ein Drittel der Bundesländer direkt umsetzen möchten. Sie alle müssen spätestens 2022 beginnen, entsprechende Immobilienwerte zu ermitteln. Anschließend sind sie gehalten, alle sieben Jahre eine neue Bewertung vorzunehmen.

Unter Experten gilt das Bundesmodell für die neue Grundsteuer B als eine sehr exakte Annäherung an die tatsächlichen Immobilienwerte, die einerseits den Kommunen diese wichtige Einnahmequelle in etwa konstanter Höhe sichert, und andererseits zugleich die Belastung für Eigentümer, aber vor allem für Mieter nicht übermäßig ansteigen lassen soll. Denn die Grundsteuer zählt zu den umlagefähigen Nebenkosten und muss damit von knapp 60 Prozent der deutschen Haushalte ebenfalls getragen werden, obwohl diese Menschen nur zur Miete wohnen.

Initiativen, diese Umlagefähigkeit zu streichen, werden sich vermutlich Stand 2021 nicht durchsetzen. Eingewendet wird vor allem, dass sich Vermieter dann sehr wahrscheinlich durch weniger transparente Erhöhungen der Nettokaltmiete mindestens ihre Grundsteuerschuld von den Mietern zurückholen.

Von Hamburg bis nach Bayern geht man eigene Wege

Diese Bundesländer haben sich bereits entschieden, auf eigene Grundsteuer-Modelle zu setzen:

  • Baden-Württemberg
  • Bayern
  • Hamburg
  • Hessen
  • Niedersachsen und Sachsen

Bayern setzt beispielsweise auf ein einfaches Flächenmodell, das auch Niedersachsen plus einen wertrelevanten Lagefaktor nutzen will. In der Hansestadt Hamburg sollen Fläche und Lage ebenso die Hauptkriterien bilden. Die hohen Bodenwerte in der Stadt will man dabei ausdrücklich ignorieren, um einen deutlichen Steueranstieg zu vermeiden. Baden-Württemberg möchte den Bodenrichtwert stärker nutzen, was bereits einige Kritik auf den Plan gerufen hat.

Genau wie in Hessen, wo Fläche und Lage eine entscheidende Rolle in der Berechnung bekommen sollen, sind deutliche Steuermehrbelastungen in einigen Regionen oder Lagen damit wahrscheinlich, wenn die Kommunen nicht mit einer klaren Absenkung ihrer Hebesätze gegensteuern. Im Unterschied zu allen diesen Bundesländern geht Sachsen einen ganz eigenen Weg und stellt in Aussicht, die Nutzungsart in den Mittelpunkt der Berechnung zu rücken.

Aus

  • Brandenburg
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Nordrhein-Westfalen oder 
  • Sachsen-Anhalt

waren bis Ende 2020 noch keine Pläne bekannt, ob dort das Bundesmodell oder eigene Varianten eingeführt werden sollen.

Fazit in Sachen Grundsteuer 2021: Abwarten!

Für Eigentümer oder Mieter – wo auch immer Sie wohnen oder Ihren Besitz haben – lässt sich 2021 noch nicht absehen, was mit der neuen Grundsteuer in rund vier Jahren finanziell auf alle zukommt.

Bundes- wie Landesebene sind bemüht, möglichst realistische und zugleich gerechte Immobilienwerte durch ihre Modelle zu gewinnen. Schließlich liegt die Verantwortung aber bei den Kommunen, damit es durch die Neuberechnung nicht zu Mehrbelastungen für die Bürger kommt. Sie haben es mit ihren Hebesätzen in der Hand. Gleichzeitig plagen die Kommunen aber auch viele eigene Probleme: häufig leere Kassen, sinkende Steuereinnahmen durch die Corona-Krise und ständig steigende Ausgaben.

Ein Endergebnis dieses Spagats bleibt abzuwarten. Und selbst wenn in naher Zukunft jeder seine neue persönliche Grundsteuerbelastung kennt, ist noch lange nicht ausgemacht, dass Richter die künftigen Berechnungen nicht bald wieder kippen, weil sie erneut eine ungerechte Besteuerung erkennen oder Steuergerechtigkeit stark bezweifeln.

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